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Ich trauere um mein Baby, während ich lerne, mich mit anderen zu freuen

Frei nach Kristen Clark.



Es ist sechs Jahre her, dass ich einen positiven Schwangerschaftstest in meiner Hand hielt. Meine ersten beiden Schwangerschaften endeten leider schon im Anfangsstadium mit einer Fehlgeburt. In den ersten Jahren meiner Ehe fragte ich mich danach oft, ob ich jemals wieder schwanger werden würde.


Langsam verstrichen die Jahre. Die Diagnose, ich sei aus unerklärlichen Gründen unfruchtbar, hing drohend wie eine graue Nebelwolke über mir, die einfach nicht verschwinden wollte.


Doch da stand ich nun an einem warmen Aprilnachmittag in meinem Badezimmer und hielt den Gegenbeweis in meinen Händen. Ich war schwanger. Allen Widrigkeiten zum Trotz. Das war eine Neuigkeit, die ich absolut nicht erwartet hatte.


Ein Strom von Freude und Aufregung durchflutete meinen Körper. Aber genauso schnell schlichen sich auch Angst und Sorge in mein Herz. Was ist, wenn es wieder nicht klappt? Was ist, wenn es wieder eine Fehlgeburt wird? Was ist, wenn ich es meiner Familie erzähle – nur, damit sie dann einen weiteren Verlust mit mir ertragen muss?


In meinem Herzen tobte ein Sturm an Emotionen.


Ich wollte die Freude über diese wunderbare Nachricht in mir zulassen und dieses Ereignis feiern; doch meine Angst war viel zu groß. In diesem Moment kamen mir die hoffnungsvollen Worte aus Psalm 138 in den Sinn:


„Der HERR wird es für mich vollbringen!

HERR, deine Gnade währt ewiglich“.

(Psalm 138,8)


Es lag nicht in meinen Händen, wie diese Geschichte ausgehen würde. Es lag in Gottes Händen. Er hatte es möglich gemacht, dass ich wieder schwanger wurde. Er würde mich auch auf dem Weg begleiten, auf den er mich berufen hatte. Wo auch immer dieser hinführen sollte. Gott würde in Freude und Leid bei mir sein. Er war der Herr meines Lebens. Meine Aufgabe bestand darin, ihm zu folgen und zu vertrauen.


Langsam verstrichen die Tage der ersten Wochen meiner Schwangerschaft.


Da sie als riskant eingestuft worden war, legte meine Ärztin wöchentliche Kontrolltermine fest. Als ich in der 8. Woche bei der Untersuchung den zarten Herzschlag auf dem Monitor sehen konnte, füllten sich meine Augen mit Tränen. Ich drückte Zacks Hand ganz fest, während wir zusammen auf das schlagende Wunder auf dem Monitor schauten.


Keine meiner vorherigen beiden Schwangerschaften hatte länger als 6,5 Wochen gedauert. Weiter hatte ich es bisher nie geschafft. Deshalb fühlte sich dieser Termin wie ein Etappensieg an.


Weitere Wochen vergingen… Dann waren wir in der 11. Woche angekommen. Ich hatte leichte Blutungen und entschied mich dazu, einen zusätzlichen Termin zu vereinbaren, um der Sache auf den Grund zu gehen. Mein Herz fühlte sich hin- und hergerissen zwischen Angst und Hoffnung. Meine Ärztin war noch sehr optimistisch, während sie alles für den Ultraschall vorbereitete.


Doch plötzlich schlug ihre Stimmung um. Sie schaute auf den Monitor und wurde sehr still. Dann sagte sie traurig, ohne mich anzuschauen: „Es tut mir sehr leid, Liebes, aber da ist kein Herzschlag mehr.“


Diese Worte trafen mich wie ein Schwert in die Brust.


In meinem Kopf war nichts als Leere. Ich starrte an die Zimmerdecke und griff nach Zacks Hand. Tränen flossen an meinem Gesicht herunter. Ich konnte und wollte es nicht glauben. Diese Schwangerschaft hatte doch funktionieren sollen. Sie war doch das Wunder, das die Geschichte zu einem glücklichen Ende hatte führen sollen.


Nachdem Zack und ich es aus dem Sprechzimmer, die Treppen hinunter und auf den Parkplatz geschafft hatten, konnte ich nicht länger an mich halten. Ich verlor die Fassung und heulte los. Ich weinte so heftig wie schon seit Jahren nicht mehr. Zack hielt mich ganz fest und weinte auch. Da standen wir nun schluchzend auf dem Parkplatz, bis wir keine Tränen mehr übrig hatten.


Zack nahm sich den Rest des Tages frei, um mit mir um ein weiteres Baby zu trauern.


Die darauffolgenden Tage waren noch schlimmer, denn wir mussten es unseren Familien und Freunden erzählen. Alle waren tief bestürzt. Obwohl wir unglaublich viel Unterstützung und Liebe von den Menschen um uns herum bekamen, fühlte sich die Welt leer, öde und dunkel an.


Theologisch gesehen wusste ich, dass Gott meine Hoffnung ist… Aber ich fühlte mich nicht hoffnungsvoll. Ich schrie zu Gott und flehte ihn an, mir ein tieferes Vertrauen zu ihm zu schenken. Das tat er auch. Dennoch gab es an jedem Tag auf diesem Weg Höhen und Tiefen.


Mitten in meiner Trauer und meinem Schmerz nahm die Geschichte wieder eine unerwartete Wendung. Genau eine Woche nach meiner Fehlgeburt stellte Bethany fest, dass sie schwanger war. Für uns beide kam diese wunderbare Nachricht zu einem schwierigen Zeitpunkt. Wie du dir vorstellen kannst, trauerte ich immer noch über meinen Verlust, wollte mich aber für meine Schwester freuen und mit ihr feiern. Ihr ging es nicht anders: Sie wollte sich über ihr Baby freuen, aber gleichzeitig mit mir trauern.


Ich weinte hinter verschlossenen Türen und fragte Gott nach dem Warum.


Warum hat er mir dieses Baby genommen? Warum hat er es zugelassen, dass meine Schwester gerade in dieser sensiblen Zeit schwanger wurde? Warum war genau das sein Plan?


Ich habe darauf nie eine hörbare Antwort bekommen. Aber tief in mir fing Gott an, mein Herz zu trösten, so wie nur er es tun konnte. Ausgerechnet in dieser Zeit der Anfechtung schenkte mir Gott den größten Frieden. Als ich mich mit seinem Wort beschäftigte, um darin Kraft und Stärke zu finden, wurde ich wieder daran erinnert:


„Der HERR wird es für mich vollbringen!

HERR, deine Gnade währt ewiglich“.

(Psalm 138,8)


Selbst inmitten von Schmerz, Trauer, Verlust und unbeantworteten Fragen hatte Gott einen größeren Plan mit mir. Und ich wusste, dass er diesen Plan aus tiefer Liebe zu mir gefasst hatte. Er half mir dabei, zu erkennen, dass ich sowohl um mein Baby trauern als auch mich für meine Schwester freuen durfte.


In den letzten acht Monaten haben mir viele von euch geschrieben und mich gefragt, wie ich mit meinem Verlust und der Schwangerschaft von Bethany umgehe. Eure Anteilnahme hat mich unglaublich ermutigt. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es alles ein Kinderspiel für mich sei. Noch immer trauere ich um mein verstorbenes Kind.


Manche Tage sind dabei schwieriger als andere. An einigen schluchze ich vor Traurigkeit bei dem Gedanken an das, was hätte sein können. An anderen weine ich um das Kind, dass ich nie in den Armen halten durfte. Manchmal heule ich einfach nur und wünsche mir, ich wäre noch schwanger.


Doch obwohl mir mein Verlust das Herz bricht, schmerzt mich die Freude meiner Schwester nicht.


Gott hat mir einen Gedanken ins Herz eingeprägt: Ich darf gleichzeitig weinen und Freude erleben. Ich habe die Freiheit, über meinen Verlust zu weinen, während ich mich trotzdem für meine Schwester freuen und mit ihr feiern kann. Ich glaube daran, dass wir alle das zur gleichen Zeit erleben können, weil wir die Kraft Christi in uns haben. Wir müssen nicht ausschließlich in der Trauer oder in der Freude leben.


Römer 12,15 erinnert uns so schön daran:


„Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden!“


In den letzten acht Monaten wurde ich von so vielen wunderbaren Schwestern im Herrn (online und persönlich) ermutigt, die diesen Vers mit Barmherzigkeit und Liebe in die Tat umsetzen. Viele von euch haben mich zu 100% mit ihren Gebeten und ihrem Mitgefühl unterstützt und sich zur gleichen Zeit zu 100% mit Bethany gefreut und ihr Glückwünsche zukommen lassen.


Genau das bedeutet es, diesen Vers auszuleben. Wir weinen mit denen, die weinen, und freuen uns mit denen, die sich freuen. Durch die Kraft Christi können wir Enttäuschungen annehmen, während wir uns gleichzeitig mit denen freuen, die das Geschenk erhalten, nach dem wir uns so sehr sehnen.


Ich glaube, dass Gott uns genau dazu als Schwestern im Herrn befähigt und berufen hat. Und das ist etwas Wunderschönes.


Die Realität zeigt, dass wir alle früher oder später in unserem Leben unerfüllte Wünsche und Enttäuschungen erfahren werden. Ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin, der es so ergeht. Die Art, in der wir auf diese schweren Umstände reagieren, wird uns entweder auf den Weg der Sorgen und Ängste führen oder auf den Weg der Freude und Zufriedenheit.


In meiner Ehe habe ich immer wieder erfahren dürfen, wie Gott meine Umstände genutzt hat, um mich im Glauben an ihn wachsen zu lassen. Er hat meine Beziehung zu ihm vertieft. Er hat mich sehen lassen, dass wahre Freude nicht darin besteht, ein märchenhaftes Leben zu bekommen. Stattdessen finde ich meine Zufriedenheit in meiner Beziehung zu Christus.


Gott hat mir nie versprochen, dass das Leben hier auf Erden einfach sein wird. Aber er verspricht mir eine vollkommene und erfüllende Beziehung mit IHM.


Im letzten Jahr durfte ich selbst erkennen, dass Gott für jeden einzelnen von uns eine außergewöhnliche und wunderbare Geschichte schreibt. Sie unterscheidet sich von denen für die Menschen um uns herum, weil sie auf uns zugeschnitten ist. Manchmal ist sie mit Freude und Glück gefüllt und manchmal mit Tränen und Trauer.


Dennoch können wir unser Vertrauen voller Zuversicht auf Gott setzen, den Autor unserer Lebensgeschichte – egal, was auch passiert.


Unzufriedenheit und Spannungen tauchen oft in unseren Herzen auf, wenn wir vergessen, wer eigentlich die Fäden unseres Lebens in der Hand hält. Wenn wir anfangen, unsere Geschichte mit denen der anderen zu vergleichen, verlieren wir den Blick dafür, dass Gott für jeden einen anderen Weg hat. Sein “Timing“ sieht für jeden von uns unterschiedlich aus. Sein Plan ist maßgefertigt und dient zu unserem Besten.


Wenn wir Gott voll und ganz vertrauen und es zulassen, dass er unsere Lebensgeschichte schreibt, können wir uns auch über das freuen, was er im Leben der anderen bewirkt. Wir müssen uns nicht vergleichen und daran verzweifeln. Stattdessen dürfen wir es von ganzem Herzen feiern, dass den Menschen in unserer Umgebung Gottes Gaben und Segnungen geschenkt werden.


Unabhängig davon, was die Zukunft mir bringt, bete ich dafür, dass Gott mir immer die Kraft schenkt, mit denen zu weinen, die weinen, und mich mit denen zu freuen, die sich freuen.


Unser Herz wird erst dann vollkommene Erfüllung und Zufriedenheit finden, wenn wir realisieren, dass wir nicht auf dieser Erde leben, um unser eigenes Königreich aufzubauen. Es geht darum, in Gottes Königreich mitzuarbeiten. Jede einzelne dieser unverwechselbaren Geschichten ist ein Teil von Gottes großem Plan.


Ich weiß nicht, was meine Zukunft bereithält. Aber ich kenne denjenigen, der meine Zukunft in seiner Hand hält. Und bei IHM findet mein Herz Frieden und Ruhe.


- Inwiefern hast du schon einmal einen Verlust erlitten? Sind Sehnsüchte von dir unerfüllt geblieben, während eine Person in deinem Umfeld genau das erhalten hat, wonach du dich am meisten sehnst?


- Hast du gerade Schwierigkeiten damit, auf Gott zu vertrauen und ihn deine Lebensgeschichte schreiben zu lassen? Wenn ja, in welcher Form?

 

Bildquelle: Kristen Clark


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