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Die Sehnsucht nach Freundschaft

Aktualisiert: 31. März 2020

Frei nach Christina Zambrano.



„So, ich muss mich beeilen. Ich muss noch aufräumen; heute Abend sind die Mädels bei mir“, hatte sie am Ende unseres Telefonats gesagt. Obwohl unser Gespräch schon lange vorbei war, saß ich noch immer mit dem Hörer am Ohr da.


Sie bekam Besuch von ihren Freundinnen und ich war nicht eingeladen.


Sicher hat jede von uns schon einmal in ihrem Leben soziale Ausgrenzung erlebt oder sich zumindest ausgeschlossen gefühlt. Klassenkameraden, die sich aufgeregt unterhalten, weil sie eine Pyjamaparty für das kommende Wochenende planen. Freunde, die ein Treffen ohne dich vorbereiten. Mitarbeiter, die in der Pause angeregt über ihr gemeinsames Essen am vergangenen Abend plaudern. Doch dieses Telefongespräch hatte mich besonders verletzt.


Die junge Frau am anderen Ende der Leitung war seit Kindertagen meine beste Freundin.


In den letzten Monaten hatte ich beobachtet, wie sie sich in der Gemeinde mit anderen netten Frauen angefreundet hatte, die ich auch zu meinen Freundinnen rechnete. Doch heute wurde mir bewusst, dass ich nicht zu “den Mädels“ zählte. Im Laufe des Abends füllte sich ihr Profil in den sozialen Netzwerken mit Fotos, auf denen man sehen konnte, wie viel Spaß alle zusammen hatten. Sie lächelten, lachten und genossen das Beisammensein. Unter jedem Bild prangte das Hashtag #jesusgirls.


Oh, wie sehr wünschte ich mir an diesem Abend, dazuzugehören. Die Ausgrenzung fühlte sich für mich wie eine Schlange an, die langsam auf mich zukroch und mir Lügen einflüstern wollte. Das Gefühl der Einsamkeit bewirkte in mir einen negativen, inneren Monolog, den leider schon viele von uns erlebt haben.


Das englische Wort rejection (Ablehnung, Zurückweisung) leitet sich von dem lateinischen Wort reicere ab. Dieses bedeutet wörtlich „zurückwerfen“.


Und genau das kann Ablehnung bewirken. Sie kann uns zurückwerfen, nämlich in die Dunkelheit und in einen Zustand der Verzweiflung. Und ich ließ es zu. Ich zog mich zurück. Ich nahm nicht mehr an Veranstaltungen teil, sagte geplante Verabredungen ab und meldete mich in meinem Bibelkreis auch nicht mehr zu Wort. Alles aus der Angst heraus, weitere Ablehnung zu erfahren!


Außerdem tat ich so, als würde mir diese Isolation gefallen. Als würde ich es vorziehen, zu Hause auf der Couch zu sitzen, Ben and Jerry’s-Eis zu essen und auf Netflix eine Folge nach der nächsten zu schauen. Die Furcht vor Ausgrenzung sorgte dafür, dass ich mich an dem Ort einigelte, der mir vertraut war.


Allerdings nützt es uns auf lange Sicht überhaupt nichts, uns aus Angst von Beziehungen zurückzuziehen. Wir benachteiligen uns selbst, wenn wir ein Leben als “einsamer Wolf“ führen wollen.


In Prediger 4,9-10 lesen wir:


„Es ist besser, dass man zu zweit ist als allein, denn die beiden haben einen guten Lohn für ihre Mühe. Denn wenn sie fallen, so hilft der eine dem anderen auf; wehe aber dem, der allein ist, wenn er fällt und kein zweiter da ist, um ihn aufzurichten!“ (Schlachter 2000)


Dieser Text betont die Vorteile von Kameradschaft und Freundschaft. Wenn man sein Leben mit anderen teilt, wird man aus seiner Isolation befreit.


Weiter heißt es in Vers 12: „Und wenn man den einen angreift, so können die beiden Widerstand leisten; und eine dreifache Schnur wird nicht so bald zerrissen.“


Als ich diese Worte las, musste ich als Krankenschwester an das menschliche Herz denken. Die Chordae tendineae, allgemein bekannt als die Sehnenfäden, sind elastische, bindegewebige Stränge im Herzen, die hauptsächlich aus Kollagen bestehen.


Um zu verhindern, dass die Segelklappen unter dem hohen Druck des Blutes in den Herzkammern zurückschlagen, halten diese Stränge die Klappen fest. Sie unterstützen sie beim Öffnen und Schließen, während unser Herz das lebenswichtige Blut durch den Körper pumpt. Da die Gewalt des Blutflusses so stark ist, dass ein Strang zur Erfüllung dieser Aufgabe nicht ausreichen würde, arbeiten diese Sehnenfäden im Verbund, um uns am Leben zu halten. Ist Gott nicht wunderbar?


Genau wie unser Herz mehrere Sehnenfäden benötigt, brauchen wir andere Menschen, die uns unterstützen – in guten und in schlechten Zeiten. Sie bewahren uns davor, unter all dem Druck den Halt zu verlieren und zusammenzubrechen. Sie funktionieren wie die Stränge in unserem Herzen.


Es dauerte gar nicht lange, bis ich in meiner Isolation unter dem Druck zusammenbrach.


Dann endlich ließ ich in mir wieder den Wunsch nach Freundschaft zu. Ich weinte und bat meinen himmlischen Vater um Hilfe. Ich beschäftigte mich mit seinen Wahrheiten und wappnete mich gegen die Lügen.


In Christus fand ich Hilfe und Trost, wie ich es bei niemandem sonst hätte finden können. Gott benutzte die Phase meiner Einsamkeit, um mich stärker zu Christus zu ziehen. Und dadurch wurde ich frei. Er befreite mich von dem Gefühl der Ausgrenzung und von den Ketten, die damit verbunden waren.


Als ich meine Identität neu auf Christus ausrichtete, konnte ich auch seine Liebe zu mir wieder wahrnehmen und annehmen.


Ich wusste mich in ihm vollkommen angenommen. Auf diese Weise schenkte Gott mir auch den Mut, meine Fühler wieder auszustrecken und mich anderen zuzuwenden.


Ich fing damit an, wieder an den Treffen teilzunehmen, die mit meinen Freunden geplant waren, und Verabredungen einzuhalten. Ich entschloss mich dazu, mein Ja ein Ja sein zu lassen und mein Nein ein Nein. Außerdem nahm ich Einladungen zu Veranstaltungen an, zu denen ich sonst nicht gegangen wäre. Zum Beispiel besuchte ich ein Konzert von Lauren Daigle mit einer Gruppe von Frauen, von denen ich nur eine einzige kannte. Und ausgerechnet an meinem einzigen freien Tag traf ich mich mit Leuten auf einen Kaffee – obwohl bei mir zu Hause das Chaos herrschte und ich dringend hätte aufräumen müssen. Auch an Bibelkreisen nahm ich wieder teil. Ich fing sogar an, selbst einen zu leiten.


Nichts davon ist einfach für jemanden, für den soziale Ablehnung und Ausgrenzung so ein großes Thema darstellen. Diese simplen Dinge bereiteten mir innerlich große Schwierigkeiten. Es war mir einfach unangenehm. Aber ich musste den Lügen entgegentreten, die mir einreden wollten, niemand hätte mich lieb und ich würde nie irgendwo dazugehören. Und Gott stand dabei treu an meiner Seite.


Auf dieser Reise bin ich Menschen begegnet, die ich sonst nie getroffen hätte. Wenn ich mich nicht zu einem JA durchgerungen hätte, hätten sich niemals die Beziehungen geformt, die ich heute haben darf.


Sobald wir uns aus unserer Komfortzone herauswagen und uns aus Liebe um gute Beziehungen bemühen, beginnt eine Veränderung.


Im Laufe unseres Lebens dürfen wir viele verschiedene soziale Beziehungen eingehen und gestalten. Einige davon sind von Dauer, andere nur für eine bestimmte Phase. Aber jede von ihnen hat ihren Teil dazu beigetragen, dass du heute diejenige bist, die du bist. Gott benutzt die Freude, den Kummer, die Ablehnung und die Akzeptanz, um uns weiter zu sich zu ziehen.


Im Nachhinein bin ich für meine Freundin, die sich an diesem Tag vor langer Zeit am anderen Ende der Leitung befand, sehr dankbar. Ich bewahre in meinen Gedanken die schönen Erinnerungen - und die Dankbarkeit für die Reise, die Gott benutzt hat, um mich enger an sich zu binden, mich wachsen zu lassen und mich für andere zu öffnen.


Heute weiß ich, dass ich kein #jesusgirl sein muss, um akzeptiert zu werden. Ich bin gehöre bereits zu Jesus – und aus diesem Grund werde ich auch nie mehr allein sein. […]


In welcher Form hast du soziale Ausgrenzung erlebt?


Was meinst du? Was möchte Gott dir inmitten von Ausgrenzung und Ablehnung beibringen?


"Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Weltzeit!"

Jesus in Matthäus 28,20

 
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